Biodiversität im biologischen Sinn beschreibt die Vielfalt aller lebenden Organismen, aller Pflanzen, Tiere, Pilze und Bakterien in allen Lebensräumen. Je größer diese Vielfalt, umso besser ist dies für das Leben.
Das Problem: fast überall auf der Erde geht die Biodiversität zurück!
Der Verlust betrifft vor allem die Vielfalt an Arten: von knapp 170.000 Tier-, Pilz- und Pflanzenarten auf der Roten Liste der Weltnaturschutzunion IUCN sind im Jahr 2025 voraussichtlich über 47.000 vom Aussterben bedroht.[1]In den letzten hundert Jahren sind so viele Vogelarten verschwunden wie in den 3000 Jahren zuvor. Die Menge an Fluginsekten in Deutschland ist seit 1989 um mindestens 75 Prozent zurückgegangen.[2]
Heute leben 60 Prozent weniger Wirbeltiere auf der Erde als noch 1970.[3]
Extreme Schwankungen in der Anzahl der Lebewesen und ihrer Arten kamen in der Erdgeschichte bisher fünfmal vor – wir erleben zurzeit das sechste Massenaussterben in der Erdgeschichte. Die früheren Schwankungen wurden allesamt durch Naturkatastrophen ausgelöst.
Diesmal tun wir dies nachweislich selbst: durch direkte Verdrängung, chemische Schädigungen und vor allem die Vernichtung von kleinen und großen Lebensräumen. Und: die Geschwindigkeit und das Ausmaß des aktuellen, vorwiegend durch uns Menschen ausgelösten Artenverlusts sind beispiellos in der Geschichte der Erde. Sie stellen bei ihrem Fortgang zu ersten Mal in der Erdgeschichte eine ernsthafte Bedrohung für die Stabilität der Ökosysteme und damit auch für das menschliche Leben dar.
Man kann fragen: schadet es denn, wenn es weniger Tiere und Pflanzen auf der Erde gibt?
Die einfache Antwort von Katrin Böhning-Gaese, Zentrum für Biodiversität und Klima lautet:
„Der Klimawandel bestimmt, wie wir als Menschheit in Zukunft leben. Das Artensterben bestimmt, ob wir auf der Erde überleben“.[4] (Katrin Böhning-Gaese, Zentrum für Biodiversität und Klima).
Diese Einsicht ist leider im allgemeinen Bewusstsein noch nicht angekommen.
Was sind die Voraussetzungen einer gesunden Biodiversität?
> Die Anzahl der Arten
Je mehr Arten es gibt, desto stabiler und elastischer ist des Gesamtgefüge der Lebensräume, da die verschiedenen „ökologischen Nischen“ in komplexer Weise zusammenwirken und sich ergänzen. Die Anzahl der Arten nimmt aber gegenwärtig dramatisch ab.
> Die Größe der Populationen
Dies betrifft die Anzahl der Individuen innerhalb einer Art. Nicht nur Arten sterben aus, auch die Häufigkeit von Lebewesen innerhalb einer bestimmten Art nimmt ab. Denn: je kleiner eine Population, desto bedrohter ist die Art.
> Die genetische Diversität
Das ist kompliziert und betrifft die Menge genetischer Informationen bei Individuen derselben Art, also die genetische Vielfalt innerhalb einzelner Arten. Hier geht es um die genetische Unterschiedlichkeit innerhalb einer Gruppe (Art) von Lebewesen. Je mehr verschiedene, oft „überflüssige“ genetische Informationen innerhalb einer Art vorliegen, desto besser ist die Anpassungsfähigkeit einer Art an äußere, zB klimatische Belastungen oder an unterschiedliche Umgebungen. Dies hängt auch von der Größe der Population ab: Je mehr und zahlreicher die Individuen einer Art interagieren, desto stabiler ist der sogenannte „Genpool“, aus dem bestimmte Eigenschaften für eine bessere Anpassung aktiviert werden können. Bessere Anpassung sichert aber das Überleben.
> Diversität der Lebensräume
Das beschreibt die Verschiedenartigkeit der unterschiedlichen Lebensräume. Die Vielfalt der unterschiedlichen Moore, Wälder, Auen, Bach- und Flussläufe, Autobahnen, Stadtbezirke und Strassenränder ist schlecht messbar und beschreibbar. Jeder Lebensraum („Habitat“) hat seine Besonderheiten – die aber alle zu einer gesunden Aktivierung von Anpassungsmechanismen an eine bestimmte „ökologische Nische“ im Gesamtgefüge der Arten beitragen. Je mehr dieser unterschiedlichen Lebensräume existieren, desto besser für das Leben!
Biodiversität wird also gefördert durch …
– Viele Arten
– Große Populationen (Anzahl von Individuen innerhalb einer Art)
– Genetische Vielfalt
– Vielfältige Lebensräume
…und wird bedroht durch …
– Artensterben
– Kleine Anzahlen innerhalb von Populationen („Ausrottung“)
– Geringe genetische Vielfalt (damit geringere Anpassungsmöglichkeit der Individuen)
– Zerstörung oder Abnahme der Zahl unterschiedlicher Lebensräume (zB Schottergärten, Versiegelung)
Der Klimawandel bestimmt, wie wir als Menschheit in Zukunft leben.
Das Artensterben bestimmt, ob wir auf der Erde überleben.
Der menschengemachte Klimawandel fördert gleichzeitig das Artensterben.
Und der stattfindende Klimawandel wirkt auch bei uns in Herdecke in dieser Richtung!
Was können wir in Herdecke für die Stärkung von Biodiversität tun?
- Wir stärken den heimischen Genpool durch Verwendung heimischer Samen[5]
Wir pflanzen standortangepasste Pflanzen und „klimaresiliente Bäume“ im Stadtgebiet
Wir lassen Blühstreifen stehen, wo immer es geht
Wir überlassen Grünflächen sich selbst, wo immer es geht
Wir schaffen „Habitate“ durch vermehrte Gebäudebegrünung
Wir füttern Vögel – stärken die Anzahl innerhalb einer Populationen
Wir bauen Insektenhotels
Wir schaffen die „Schottergärten“ ab
Wir entsiegeln alle geeigneten Flächen (Schulhöfe!!)
Wir schaffen Nahrungsangebote für Kleinlebewesen wie Falter, Mücke & Co. durch bewusstes Gärtnern
So einfach ist das!
[1] https://www.artensterben.de/iucn-rote-liste-2024-tausend-arten-zusaetzlich/
[2] https://www.nabu.de/news/2016/01/20033.html
[3] https://www.factory-magazin.de/news/der-wildtierbestand-ist-in-den-letzten-5-jahrzehnten-dramatisch-geschrumpft-berichtet-der-living-planet-report-2024-des-ww
[4] https://www.klett-cotta.de/produkt/vom-verschwinden-der-arten-9783608121377-t-5475
[5] Das ist ein eigenes Thema: die Verwendung regionaler Sämereien stabilisiert unsere Fauna, weil die daraus hervorgehenden Pflanzen gut an die regionalen Bedingungen angepasst und damit stabiler sind.